Richard Kratochwill

Geboren am 8.12.1932 in Weiz
Ab 1947 Lehre als Elektrowickler bei der Elin Weiz
Anschließend Besuch der Bundesgewerbeschule für Elektrotechnik, Graz
Arbeitete ab 1954 als Technischer Zeichner bei der Elin Weiz
Gründungsmitglied der Malervereinigung „Junge Gruppe“ (1953) und des Forum Stadtpark, Graz (1960)
Lange Zeit als Gemeinderat und Kulturreferent der Stadt Weiz und der Elin Union tätig
Mitglied des Landesbildungsausschusses des ÖGB, Programmbeirat der Steirischen Kulturinitiative und Mitglied der Steirischen Gesellschaft für Kultur und Politik
Freischaffender Maler und Grafiker
Lebt in Wien


Ernsthafte fotografische Arbeiten ab 1973
Träger zahlreicher Fotopreise
Auslandsstipendium für die Teilnahme am internationalen Fotoworkshop in Arles

Zu seinen Bildern
Die Stadt in ihren vielfältigen Erscheinungsformen übte immer schon besonderen Reiz auf Richard Kratochwill aus. In der frühen Serie „Budapester Impressionen“ sammelt er Eindrücke von den versteckten Hinterhöfen und unbekannten Winkeln der Stadt. In den folgenden Serien gewinnt sein malerischer Zugang zur Fotografie immer mehr an Bedeutung und seine Bilder werden zu fotografischen Collagen. Überblendungen, Doppelbelichtungen und Spiegelungen bestimmen die Bildgestaltung und hinzu tritt ein sozial- und gesellschaftskritischer Impetus, der vor allem auf die manipulierende Medien- und Konsumwelt abzielt.

© Jasmin Haselsteiner


„Überhaupt ist Richard Kratochwill (und zumal, wenn er fotografiert) ein nachdenklicher Mensch, der das Abseitige und Nebensächliche liebt. Anfänglich hat er dabei das spektakulär Kuriose und Absonderliche bevorzugt, neuerdings sind ihm irgendwelche abgelegene, irgendwie unbewohnbar gewordene, vom Wildwuchs überwucherte Gehöfte lieber. Oder ein Stück Morast, dessen fotografische Ansichten er wahrnimmt und fädelt wie die Stücke einer musikalischen Suite.“
(Otto Breicha, Österreichische Fotografie seit 1945, 1989)

„Was mir in westlichen und östlichen Hauptstädten aufgefallen war und ich immer für ein Merkmal der hochzivilisierten Metropolen gehalten habe, wurde mir beim Anblick eines Plakates in einem kretischen Dorf bewußt: Die Plakate unserer Werbeagenturen sind die Ikonen unseres Jahrhunderts. Bewußt oder unbewußt werden wir zu Bildanbetern einer mystifizierten, materiellen Konsumwelt.“
(Richard Kratochwill, 5. Erweiterte Biennale für Fotografie, 1981)

„Darin werden formale Kontraste in einer inhaltlichen Einheit, die sich am Architektonischen orientiert, gebunden. Kratochwill hat keine außergewöhnlichen Sujets. Alltäglich könnten diese Fenster und Eingänge, Säulen und Wände in unserem Blickfeld auftauchen. […] Zum Teil ist in diesem Budapester Bilderbogen näselndes Sentiment eingefangen; Nostalgisches spielt sich darin. Eine Vergangenheit rekelt sich im Bilderrahmen.“
(ben, Kleine Zeitung, 19.10.1973)

„Richard Kratochwill klammert in seinen Bildern den Menschen aus, um ihn auf eine ganz andere, eigenwillige Art doch zu zeigen. Er fotografiert ausschließlich seine Umgebung.“
(M.W., Tagespost, 25.10.1973)

“Als eine von neuen Ideen und Vorstellungen bewegte Autorenfotografie ursprünglich in der Steiermark begann, war Richard Kratochwill mit dabei. Als einem bildenden Künstler waren ihm das Komponieren (das eindrückliche Anordnen) und Montieren (Zusammenfügen von Bildelementen) vertraut.“
(Otto Breicha, Kreuzweg, 1990)

„Als interessierter und informierter Zeitgenosse bevorzugt Kratochwill das Komplex-Komplizierte und Zusammengesetzte. [Auch im Fotografischen kommt dabei eine Art Collageverfahren zum Tragen.] Gern arbeitet er mit Zitaten, mit optischen Schichten und ineinandergeblendeten Bedeutungszonen.“
(Otto Breicha, Camera Austria 2, 1980)

„Wiederum sind es zusammengesetzte, übereinandergeblendete Scheinbarkeiten, wobei mehreres beteiligt vorkommt, das auch bislang Kratochwills Fotografie (mehr oder weniger ausgesprochen) bestimmt hat. Zum Beispiel das Zehren von der betreffrenden Kulturlandschaft (also das, was Kratochwill selber als „kulturelles und soziologisches Moment“ seines fotografischen Strebens bezeichnet). Keineswegs ist es dem Zufall überlassen, was wo weswegen aufgefallen ist. Nicht von ungefähr sucht der Fotograf seine Motive im (groß-)städtischen Ambiente. Gewissermaßen sind es vom Motiv her reflektierte Gegenstände und Bereiche, Vorgeformtes und Abermalszurechtgelegtes.“
(Otto Breicha, Camera Austria 2, 1980)

„Wirklichkeit wird aufgezeigt, um ein phantasmagorisches Wesen herauszustellen. Höchst ungewöhnliche Bildräume entstehen und prägen sich ein. Überschneidungen passieren, die für formale wie gedankliche Spekulationen weiterhin Anlaß geben.“
(Otto Breicha, Camera Austria 2, 1980)

„Durch das „Vereinen der beiden Wirklichkeiten“ auf dem Fotopapier entstehen nicht nur kulturelle und soziale Dokumentarfotos, sondern Sozialkritik und Medienkritik, Scheinrealität der Fotografie und Scheinrealität der Schaufensterspieglung vereinen sich zu Widerlegungen der Wirklichkeit mittels fotoästhetischer Momente: Foto-Fake-Realismus.“
(Peter Weibel, Camera Austria 15/16, 1984)